Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte seit Aufkommen der organisierten Rassegeflügelzucht beschäftigten sich auch Züchter auf dem Gebiet des Thüringer Vogtlandes mit dem Herauszüchten neuer Geflügelrassen. Die beiden interessantesten Vertreter sind hierbei die Vogtländer sowie die Wolfersdorfer Hühner, die es jeweils zur Anerkennung gebracht haben. Erstere sind im Bestand leider stark gefährdet und nur noch in wenigen Zuchten vorhanden, letztere bereits ausgestorben.

Doch nicht nur das Erzüchten neuer Rassen stand im Vordergrund – auch das Herauszüchten neuer, noch nicht vorhandener Farbenschläge bei bestehenden Rassen war und ist eine Aufgabe, der sich manch ein Züchter sein gesamtes Leben widmete. Als neuen Farbenschlag stellte Wolfgang Schilling (Obergrochlitz) die Paduaner in „tollbunt“ vor, erzüchtet aus chamoisfarbenen, goldenen und schwarzen. Richard Gerber (Mohlsdorf) stellte Italiener in „entenflügel“ vor, dem heutigen Farbenschlag „orange“. Albert Döhla (Moschwitz & Obergrochlitz) wollte eigentlich silberne Elsterkröpfer erzüchten – durch Einkreuzen von englischen und französischen Kröpfern baute der silberne Farbenschlag als „rotfahl“ auf, sodass die Elsterkröpfer letztlich als solche anerkannt wurden. Helmut Kerner (Hohenleuben) hat die „geganselten“ und „getigerten“ Brünner Kröpfer sowie bei den Schlesischen Kröpfern die „gemönchten“ neu vorgestellt. Ebenfalls mit den Schlesischen Kröpfern beschäftigte sich Edgar Modes (Pohlitz-Raasdorf), welcher die Farbenschläge „silber ohne Binden“ sowie die „silber mit dunklen Binden“ wieder erzüchtete. Letztere werden heute als „mehlicht“ bezeichnet“.

Zahlreiche Züchter aus dem Kreisgebiet haben auch zum Wiedererstehen von Rassen und Farbenschlägen beigetragen, welche bereits einmal vorhanden und anerkannt waren, jedoch aus unterschiedlichen Gründen zwischenzeitlich verschwanden. So u. a. Heinz Frank mit Komornern silberfarben, ebenso Christoph Prager (Moschwitz) mit Sächsischen Flügeltauben in „silber-weißbindig“ und „silber-weißgeschuppt“ sowie Klaus Reißmann (Pohlitz-Raasdorf) als alleiniger Wiedererzüchter der Thüringer Schwalbentaube mit Haube in den silbernen Farbenschlägen „ohne Binden“, „mit dunklen Binden“, „gelercht“, „mit weißen Binden“ sowie „weißgeschuppt“. Mit Ausnahme der Komorner werden die silbernen Farbenschläge bei den Farbentauben heute als „blaufahl“ bezeichnet.

Jährlich küren sowohl der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter als auch der Landesverband der Rassegeflügelzüchter Thüringens ihre „Rasse des Jahres“, welche dann eine Zuchtperiode lang im besonderen Fokus der Öffentlichkeit steht. Auswahlgründe können die besondere Förderung und Werbung für eine im Bestand bedrohten Rasse sein oder schlicht ein Jubiläum des betreuenden Sondervereines.

Manch eine Geflügelrasse hat eine recht wechselhafte Geschichte hinter sich und so passiert es immer wieder, dass der Fortbestand alter, über Jahrzehnte in Deutschland gezüchteter und einstmals weit verbreiteter Rassen gefährdet ist. Daher wird eine so genannte Rote Liste herausgegeben, um auf das drohende Verschwinden einer Rasse und/ oder eines Farbenschlages aufmerksam zu machen. Und wer weiß – vielleicht findet sich auch der eine oder andere Züchter, der sich einer solchen alten Haustierrasse annehmen möchte.